Im Pasta-Himmel

Es gibt wenig, was mich so glücklich macht wie ein gutes Pasta-Gericht: Rigatoni mit einem gut zubereiteten Ragù oder Fettuccine mit Steinpilzen. Hmmm. Pasta-Kochbücher gibt es so zahlreiche wie Alfabeto (Buchstäbli-Teigwaren) in einem Suppenteller. Viele davon sind Mittelmass. Nicht so «Pasta von Alfabeto bis Ziti» von Rachel Roddy. Die britische Food-Autorin verwebt in ihrem mit dem Deutschen Kochbuchpreis ausgezeichneten Buch Geschichtliches, Kulturelles und Alltägliches – oder wie sie in der Einleitung schreibt: «Pasta ist ein Universum mit vielen Galaxien, zusammengehalten von den Graviationskräften der Leidenschaft und der Überzeugung, mit einem gelegentlichen schwarzen Loch und einer Konstellation von Sternen (den Rezepten).»

Und so stellt Roddy, wie es schon der Titel des Buches sagt, Pastasorten in alphabetischer Reihenfolge vor. Dabei durchstreifen wir Italien vom Norden bis in den Süden und entdecken die Welt der Pasta in 50 verschiedenen Erscheinungsformen. Die Einleitungstexte liefern nicht nur viel Pasta-Basics – z.B. welche Pasta zu welcher Sauce passt –, sie sind auch unglaublich unterhaltsam. Selten hat jemand so harmonisch und zugleich vergnüglich Pasta beschrieben. Eine Kartoffelsuppe mit Pasta ist für Roddy die «kulinarische Entsprechung von dicken beigefarbenen Wollsocken» und Ziti, 60 Zentimeter langen Pasta-Röhren, vergleicht sie mit den Metallkrallen der X-Man-Figur Wolverine.

Wer gerne italienisch kocht, findet mit «Pasta von Alfabeto bis Ziti» auch eine grossartige Rezepte-Sammlung. Denn zu jeder Pastaform liefert das Buch mindestens ein Rezept; häufig sind es auch mehr, etwa 8 Rezepte für eine ganze Spaghetti-Woche (am Montag der zweiten Woche gibt es Resten). Die Gerichte überzeugen durch ihre Schlichtheit. Da werden viele Zwiebeln mit 3 EL Tomatenmark, reichlich Olivenöl und Butter, einem Rüebli und Weisswein zu einem Ragù verkocht. Oder – für den Hochsommer – Spaghetti mit roher Tomatensauce, Oliven, Kapern und vielen Kräutern. Die Rezepte sind manchmal etwas repetitiv, und doch möchte man fast jedes kosten. Wenn in deinem Kochbuchregal also nur drei italienische Kochbücher Platz haben, «Pasta von Alfabeto bis Ziti» gehört dazu.

Rachel Roddy. Pasta von Alfabeto bis Ziti. Kunstmann-Verlag. 352 Seiten. 49.90 Franken.

Einfach fein

Sowohl beim Kochen als auch im Leben bedeutet «einfach» nicht unbedingt «simpel» oder gar «mittelmässig». Für ein feines Essen braucht es – sehen wir mal von guten Zutaten und Freude am Kochen ab – oft gar nicht viel. So präsentiert uns Tanja Grandits im Kochbuch «Einfach Tanja» vegetarische Gerichte, die ohne grossen Aufwand gekocht werden können. Der Begriff «einfach» hat dabei für Grandits eine doppelte Bedeutung: Ihr Kochbuch ist zum einen eine Sammlung von Gerichten, die auf ehrliche und unkomplizierte Art Freude bereiten sollen. Zum anderen geht es darum, sich nicht tagelang in der Küche einschliessen zu müssen.

Alle Rezepte im Buch sind für eine grössere Runde gedacht. Die Mahlzeit soll einfach in die Mitte des Tisches gestellt werden – egal ob es sich nun um einen Salat, eine Suppe, ein Gratin oder einen Kuchen handelt. Denn «je mehr Menschen sich das Essen teilen können, desto mehr Glück entsteht im Raum», ist Grandits überzeugt. Die für 6 Personen berechneten Rezepte lassen sich aber problemlos auch für 2 Personen kochen, indem man die Zutaten halbiert.

Für eine Spitzenköchin mit 19 Gault Milau-Punkten sind die Rezepte in «Einfach Tanja» in der Tat unkompliziert – und doch alles andere als trivial. So macht Grandits aus einer einfachen Selleriesuppe durch die Ergänzung von Roquefort, geröstetem Brot und Haselnuss-Topping eine äusserst kontrastreiche und spannende Mahlzeit. Hervorragend ist auch ein Salat mit gebratenem Pfirsich, Castelfranco-Salat als bitterer Kontrast, Burrata und knusprig frittiertem Rosmarin. Es liegt auf der Hand, dass diese Mahlzeiten nicht alle in einer halben Stunde zubereitet sind. Da Gradits aber oft Grundzutaten aus dem Vorrat wie z.B. Knuspermischungen und Eingelegtes verwendet, kann ein Teil der Arbeit gut vorbereit werden.

Auch wenn das neuste Buch von Grandits in der Art nahe bei den beiden Vorgänger-Werken «Tanjas Kochbuch» und «Tanja vegetarisch» ist, so bekomme ich nie genug von dieser Küche. Es ist positiv herauszuheben, dass Grandits unterdessen schon fast selbstverständlich vegetarisch kocht. Aber egal ob Vegetarier:in oder nicht – das Buch wird garantiert nicht enttäuschen. Einfach Tanja, einfach fein.

Tanja Grandits. Einfach Tanja. AT-Verlag. 336 Seiten. 42 Franken

Ein Autor, der kocht

Seit mehr als zehn Jahre schreibt Christian Seiler im Magazin des Tages-Anzeiger über Kulinarik und Essen. Die Kolumne von Seiler ist seit langem die Seite, die ich im Magazin garantiert immer lese. Weil Essen nun mal zum schönsten im Leben zählt. Und weil Seiler die Spitzengastronomie auch kritisch hinterfragt und Gemüse vermehrt ins Zentrum stellt – auch durch den Vegetarismus seines Sohnes beeinflusst.

Mit «Alles wird gut» ist Seilers zweites Kulinarik-Buch erschienen. Standen in seinem ersten Buch kulinarische Reise-Geschichten im Zentrum, so trägt der Food-Kolumnist nun 207 seiner im Magazin veröffentlichten Rezepte zusammen. Ein konventionelles Kochbuch ist das nicht, die Gerichte stammen nicht von Seiler selber, vielmehr erzählt er die Rezepte anderer mit eigenen Worten nach. Seiler ist sozusagen ein Rosinenpicker, der seine Lieblingsgerichte vorstellt, oder wie es der Wiener selber ausdrückt, ein «Autor, der kocht». Er thematisiert dabei das Nachkochen und Ausprobieren, schreibt über Triumpfe und Niederlagen.

Auch wenn sich Seiler gerne bei Rezepten von herausragenden Köch:innen bedient – zu seinen Lieblingskochbüchern, die er am Ende von «Alles wird gut» aufzählt, gehören Namen wie Tanja Grandis (Tanja vegetarisch) Ferran Adriaà (Das Familienessen) oder Marianne Kaltenbach (Aus Schweizer Küchen) –, so ist Seiler ein Fan von einfachen Mahlzeiten, die mehr durch herausragende Zutaten als durch Komplexität auffallen. Als Beispiel seien hier erwähnt ein ganzer im Backofen gegarter Spitzkohl mit nichts als brauner Butter, Puntarelle – ein bitteres Zichorien-Gewächs aus Süditalien – gebraten mit Olivenöl, Sardellen und Knoblauch oder Spargeln gekocht in Butter, Zucker und weissem Balsamico.

«Alles wird gut» ist eine äusserst vielfältige Zusammenstellung von tollen Kochrezepten aus ganz unterschiedlichen Regionen der Welt und gleichzeitig eine Sammlung von Kurzgeschichten. Häufig liest sich das saugut und ist unterhaltsam. Manchmal aber nervt der viele Text, wenn man nur schnell etwas nachkochen möchte, und man wünscht sich stattdessen ein paar schöne Fotos. Hauptsache aber ist, dass am Ende, wenn man am Tisch speist, alles gut ist. Und das ist bei Seiler fast immer der Fall.

Christian Seiler. Alles wird gut. Echtzeit-Verlag. 480 Seiten. 48 Franken.

Pure Frische

Die fleischlose Küche ist längst in der Spitzengastronomie angekommen. Tanja Grandits vegetarisches Kochbuch war im Jahr 2021 das meistverkaufte Sachbuch in der Schweiz. Der Bündner Andreas Caminada eröffnete mitten in der Pandemie ein vegetarisches Restaurant in den Räumlichkeiten der ehemaligen Remise beim Schloss Schauenstein. Mit «Pure Frische» folgt nun sein erstes vegetarisches Kochbuch. Im Vorwort beschreibt Caminada, dass Gemüse in seinem Werdegang schon früh eine grosse Rolle gespielt hat. Und er ist überzeugt, dass wir in Zukunft zwar noch Fleisch und Fisch essen, aber immer mehr Facetten der vegetarischen Küche entdecken werden. «Nirgendwo ist das kulinarische Entwicklungspotenzial grösser als hier.» Wenige Spitzenköch:innen in der Schweiz setzen so konsequent auf lokale Zutaten wie Caminada. In dieser Hinsicht ist sein neues Kochbuch mehr als ein Aufspringen auf einen Trend.

Beworben wird «Pure Frische» als Kochbuch mit raffinierten Gerichten, die für Hobbyköch:innen gut umsetzbar sind. Ich würde präzisieren: Präsentiert werden zum einen einfache Gerichte für die Alltagsküche wie ein Linsen-Curry oder ein Ratatouille und zum anderen anspruchsvollere Rezepte, die aus den Gourmet-Restaurants von Caminada stammen (dies sind eher leichte Gerichte, keine klassischen Hauptmahlzeiten). Mich überzeugen namentlich letzte, z.B. Kohlrabitaschen mit Erbsen und Brunnenkresse-Mayo, geschmorte Peperoni mit gegrilltem Pfirsich und Harrisa, knuspriger Blumenkohl mit Miso-Holandaise und Zitronenconfit oder eine Pfeffer-Aubergine – die vegetarische Variante eines Pfeffersteaks.

«Pure Frische» gehört zweifellos zu den interessanteren neueren Gemüse-Kochbüchern. Einige Rezepte sind Vegi-Küche auf Höchstniveau. Meiner Meinung nach hätte man noch mehr herausholen können. Ein roter Faden im Buch fehl, die Gliederung in die Kapitel «Kitzelnd», «Wa?rmend», «Erfrischend» sowie «Umarmend» bringt kaum Orientierung und die Mengenangaben sind teilweise für viel zu grosse Mengen beschrieben – Foodwaste ist da leider nicht auszuschliessen. Am Ende überwiegt das Positive: Wer gerne hochstehende Gemüse-Gerichte nachkocht, erhält mit «Pure Frische» ein inspirierendes Kochbuch zu einem fairen Preis.

Andreas Caminada. Pure Frische. AT-Verlag. 204 Seiten. 39.90 Franken.

 

Desserts, wow

«Ohne Frechheit und das eine oder andere verunglückte Experiment ha?tte es auch in der Patisserie keinen Fortschritt gegeben.» Kay Baumgardt, «Patissier des Jahres 2020» des Gault Millau, mag ungewohnte Kombinationen. Die Verkettung von klassischem Handwerk mit neuen Techniken ist sein Markenzeichen. Im Vorwort seines ersten Kochbuchs «Desserts unplugged» bringt er diese Philosophie auf den Punkt. «Gurke zu weißer Schokolade? Inzwischen ein Klassiker! Erdbeeren und Rucola? Ein Traumpaar! Mandarine mit Sesam, Erdnuss und Koriander? Einfach nur wow! Dieses Buch soll Ihnen zeigen, was in der Welt der Desserts alles möglich ist, dass es sich lohnt, u?ber den sprichwo?rtlichen Tellerrand hinaus zu blicken.»

In seinem Kochbuch-Erstling verzichtet Baumgardt bewusst auf «Verstärkung». Im Zentrum stehen «Desserts unplugged», die sich in einer normalen Küche herstellen lassen, ohne komplizierte Maschinen und Techniken. Ein äusserst begrüssenswerter Ansatz. Immer häufiger kann man die Rezepte von Sterneköchen ohne Thermomix, Vakuumierer und Pacojet nicht mehr nachkochen. Trivial sind die Nachspeisen von Baumgardt trotzdem nicht. Oft bestehen die Desserts aus fünf bis elf (!) Elementen. Die Rezepte sind aber verständlich beschrieben und der Patissier gibt Tipps wie die Desserts vereinfacht werden können.

50 sehr unterschiedliche Nachspeisen finden sich in «Desserts unplugged». Zucker wird dabei sehr zurückhaltend eingesetzt. Auffallend bei den Rezepten ist die häufige Verwendung von Gemüse und Kräutern. So kombiniert Baumgardt Banane mit Koriander, Pastinake trifft auf Haselnusskuchen, süsssaure Äpfel und ein Petersilen-Joghurt-Sorbet, gerösteter Blumenkohl mit Vanilleglace oder Nüsslisalat-Creme mit Speck-Glace und Schokoladenchips. Gruyere wird mit Schokolade und Holunder kombiniert.

Kay Baumgardt geho?rt zweifelos zu den innovativsten Patissiers in Europa. Was dieses Buch an Inspiration bietet sucht seinesgleichen. Vom Titel darf man sich aber nicht irreführen lassen. Die Rezepte sind anspruchsvoll und brauchen ihre Zeit. Es lohnt sich garantiert. Dieses Buch ist einfach nur wow!

 

Kay Baumgardt. Desserts unplugged. AT-Verlag. 240 Seiten. 47.00 Franken.

Tanja vegetarisch

Tanja Grandits gehört zweifellos zu den herausragenden Köch*innen der Schweiz. Dieses Jahr ist sie vom Gault Milau zum zweiten Mal zur Köchin des Jahres gewählt worden. Ihr neustes Kochbuch widmet Tanja Grandits ihrer Tochter Emma. «Im Restaurant koche ich, weil ich Köchin bin und meine Leidenschaft zum Beruf gemacht habe. Zu Hause koche ich, weil ich Mutter bin.» Und die grosse Liebe zu ihrer Tochter zieht sich wie ein roter Faden durchs Buch. Da Emma am liebsten Gemüse und Früchte isst, entstand Grandits erstes vegetarische Kochbuch. Es ist zweifellos ein Novum, dass ein*e gewählte Gault Milau-Köch*in des Jahres ein Kochbuch ohne Fleisch und Fisch herausgibt.

Der Fokus bei «Tanja vegetarisch» liegt wie schon bei ihrem letzten Werk «Tanjas Kochbuch» auf einer unkomplizierten Küche. «Einfach» bedeutet bei Tanja Grandis aber keinesfalls langweilig. Wie wir es bereits aus anderen Büchern kennen, verbindet Grandits Einflüsse aus Japan, Thailand und dem Orient mit europäischer Küche – leicht, modern und immer wieder überraschend. Auffallend ist die Nähe verschiedener Gerichte zum Nahen Osten. Gradits neustes Kochbuch ist geprägt von ihrem Aufenthalt in Tel Aviv – insgesamt sind die Rezepte farbiger geworden. So erinnern einige Rezepte stark an die Küche von Ottolenghi. «Die Aromen der Stunde, so hat sich herausgestellt, sind allen voran Sesam, Limette, Rosmarin und geschroteter schwarzer Pfeffer», schreibt die Baslerin im Vorwort.

Es ist durchaus eine reizvolle Vorstellung sich als Tochter – oder Sohn – von Grandits bekochen zu lassen. Zum Frühstück wünschte ich mir die Gemüse-Pancakes mit Miso-Kräuter-Quark, zum Mittagessen einen Tomaten-Ingwer-Salat mit karamellisiertem Tofu und zum Abendessen eine Blumenkohl-Erdnuss-Suppe und Karotten-Basilikum-Puffer mit Süsskartoffelpurée. Das Dessert lass ich mir nicht entgehen, «Mami, kochst du heute Ofen-Pfirsiche mit Rosmarin und Pistazien?». Nun, von Träumereien wird man nicht satt. Interessante und einfache Rezepte für den kommenden Covid-19 Winter liefert «Tanja vegetarisch» viele. Kochen müssen wir sie aber selber.

Tanja Grandis. Tanja vegetarisch. Grüne Lieblingsrezepte für jeden Tag. AT-Verlag. 336 Seiten. 39.90 Franken.

Tausendsasa

Andreas Caminada ist nicht nur einer der besten Köche der Schweiz, der Bündner ist auch ein äusserst geschäftiger Unternehmer. Neben seinem hoch ausgezeichneten Restaurant Schauenstein mit 3 Michelin-Sternen, führt er vier weitere Restaurants – seit Februar 2020 auch im Hotel Marktgasse in Zürich –, er gibt ein eigenes Magazin heraus, führt eine Kaffeerösterei und veröffentlicht auf dem Webportal des Gault Millau jede Woche ein Video-Rezept.

Ende 2019 ist im AT-Verlag sein erstes Kochbuch «Pure Leidenschaft. Meine einfache Küche» erschienen. Im Fokus stehen dabei weniger die komplexen Kreationen aus dem Schloss Schauenstein, sondern einfache, lokale Rezepte, eine Wohlfühlküche auf Bündner Art. «Gutes Essen ist stets ein Abbild der Jahreszeiten», so Caminada. Es ist sehr erfreulich, dass auch bei Top-Köchen eine territoriale Küche gelebt wird.

In «Pure Leidenschaft» finden sich gut fünfzig Rezepte aus Caminadas Alpenküche. Zwischen den Rezepten gibt es Portraits von Lieferant*innen und eindrückliche Bilder aus dem Bergen in Graubünden. Die vorgestellten Gerichte lassen sich in folgende Kategorien unterteilen: währschaftliche Bündner Spezialitäten wie Gerstensuppe oder Bizochels, moderne Interpretationen der Alpenküche, traditionelle Fleischspeisen (z.B. Wildterrine, Siedfleisch oder Hirschrücken), Desserts und Eingemachtes. Zu meinen Lieblingsrezepten gehören Maluns. Dabei werden geraffelte Kartoffeln zusammen mit Mehl zu Kügelchen geformt, in viel Butter gebraten und mit Apfelmus oder Zwetschgenkompott serviert. Einfach köstlich. Ansonsten überzeugt insbesondere die moderne Alpenküche: Dörrbirnenravioli, ein Salat mit Wurzelgemüse, sauer eingelegte Eglifilets mit fermentiertem Fenchelsaft oder mit Tomatenmouse gefüllte Artischocken. Kleines Manko: Die Gliederung ist etwas unübersichtlich – Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts und Eingemachtes sind kreuz und quer durcheinander. Doch das Positive überwiegt bei weitem. «Pure Leidenschaft» verdeutlicht wie viel Potenzial in der Alpenküche steckt.

Andreas Caminada. Pure Leidenschaft. AT-Verlag. 216 Seiten. 39.90 Franken.

Pasta Glück

Kürzlich habe ich mich bei einem mittelmässigen Italiener über eine Penne all’arrabbiata geärgert: den Teigwaren fehlte der Biss und der Sauce die Rasse. Pasta sind eben nicht gleich Pasta. Dabei kann man mit Teigwaren einfache und himmlisch feine Gerichte kochen. Es braucht nur gute Zutaten, etwas Fantasie und – wer die Teigwaren selber herstellen will – ein wenig Zeit und Fingerspitzenfertigkeit.

Das Kochbuch «Pasta» der Zürcher Slow-Food-Köchin Anna Pearson liefert ein solides Grundwissen über die Herstellung von hausgemachter Pasta. Das Buch ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil vermittelt die Basics zur Herstellung von insgesamt 30 Pasta-Sorten. Pearson widmet sich dabei auch der Herstellung von Hartweizenpasta, wie sie im Süden von Italien hergestellt wird und bei uns nur selten erhältlich sind: von einfach zu formenden Cavatelli bis zu den anspruchsvollen Trofie. Die Herstellung von Hand ist anfänglich etwas gewöhnungsbedürftig und es ist nicht immer ganz einfach den Beschreibungen zu folgen. Meine ersten Orecchiette waren viel zu dick und mussten entsprechend länger gekocht werden. Aber spätestens nach dem dritten Mal geht’s schon recht fix – und wenn Partnerin oder Kinder mithelfen macht’s doppelt Freude.

Im zweiten Teil finden sich Pasta-Rezepte, geordnet nach den vier Jahreszeiten. Die vorgestellten Gerichte machen gehörig Spass – etwa die winterliche Lasagne mit Chicorée, geräuchertem Mozzarella und Pinienkernen (ohne Tomatensauce) oder die Baumuss-Ricotta-Ravioli mit Cicorino rosso und Quitten. Neben den stimmungsvollen Rezepten gefällt die Gradlinigkeit von Pearson, die nur die Besten Zutaten auswählt und bei der Qualität wenig Kompromisse zeigt.

Der dritte Teil «Reise in die Toskana» schliesslich stellt den Hartweizen in den Fokus. Es ist typisch für Pearson sich eingehend mit den Grundzutaten auseinander zu setzen und nichts dem Zufall zu überlassen.

Wer gerne herausragende Pasta-Gerichte mag und dazu bereit ist etwas Zeit aufzuwenden, dem kann ich das neue Buch von Pearson wärmstens empfehlen. Und man kann ja auch mal eines der feinen Rezepte mit gekauften Teigwaren kochen.

Pasta. Anna und Catherine Pearson. Edition gut. 224 Seiten. 52 Franken.

Kreative Gemüse-Happen

Immer häufiger beschäftigen sich auch Spitzenköche intensiv mit Gemüse-Küche. Seppe Nobels, der in Antwerpen das Restaurant Graanmarkt 13 führt, hat diesen Sommer bereits das zweite vegetarische Kochbuch veröffentlicht. Während das erste Buch nur auf Englisch publiziert wurde, erschien «Greens that taste like friendship» auch auf Deutsch. Und es lohnt sich durchaus das Schaffen des von Gault & Millau zu einem der 25 besten Gemüseköche ausgezeichneten Belgier genauer anzuschauen.

«Es ist ganz einfach, Gemüse auf eine innovative und überraschende Art zubereiten», schreibt Nobels in der Einleitung. In «Greens that taste like friendship» stellt er Rezepte von 52 Gemüsesorten ins Zentrum, eine für jede Woche, die jeweils auf zwei verschiedene Weisen zubereitet werden. Die Palette der verwendeten Gemüse reicht von geläufigen Sorten wie Lauch, Kürbis oder Blumenkohl bis zu eher unbekannten wie Hopfenspargel oder Strandaster. Die Rezepte sind raffiniert und doch nie zu kompliziert. Die vorgestellten Gerichte sind in der Regel keine vollwertige Mahlzeiten, man kann durchaus von Happen sprechen. Nobels betont, dass es in seinem Buch ums Teilen geht: «Rezept teilen. Gemüseportionen teilen. Wissen teilen.»

Nobels bedient sich den unterschiedlichsten Zubereitungsmethoden, auch solche die für Gemüse nicht alltäglich sind: grillen, pökeln, rösten, einlegen, fermentieren oder in einer Salzkruste garen. So tut er Radieschen zum Beispiel eine Woche lang in einem Sud aus Essig, Zucker und Gewürzen pökeln, so dass sie auch innen rot werden. Zwiebeln backt er 70 Minuten in einer Salzkruste und röstet sie anschliessend ohne Öl in der Bratpfanne goldbraun. Gurken flämmt er mit dem Bunsenbrenner und serviert sie mit einer Gurkenmayonnaise. Offensichtlich ist, dass Nobels gerne grilliert, flämmt oder anbrät. Die Anschaffung einer Grillpfanne hat sich selten so aufgedrängt. Einige Gemüse wie Karotten oder Stangensellerie tut Nobels auch fermentieren. Wer bisher Respekt vor dieser Zubereitungsart gehabt hat, sollte sich mit den einfachen und klaren Beschreibungen an diese spannende Methode der Haltbarmachung heranwagen.

«Greens that taste like friendship» hat eine Vielzahl von frischen, leichten und einfach zubereitbaren Rezepten. Es ist dies eine äusserst attraktive und zeitgemässe Küche, in der regionale Zutaten im Zentrum stehen. Zum Teil gibt es auch Einflüsse aus dem Orient und Asien, so dass eine gewisse Ähnlichkeit zur Küche von Ottolenghi festzustellen ist. «Greens that taste like friendship» ist zweifellos eines der interessantesten Gemüse-Kochbücher, das dieses Jahr erschienen ist.

Seppe Nobels. Greens that taste like friendship. 52 Wochen – 52 Gemüse – 104 Rezepte. Knesebeck Verlag. 256 Seiten. 51.90 Franken.

Kochbuch: Aroma Gemüse

Das Buch «Aroma Gemüse» hat das Ziel Gemüse «aus kulinarischer Sicht durch und durch kennen zu lernen». Und das gelingt dem Physiker Thomas Vilgis und dem Publizist Thomas Vierich durchaus. Wussten Sie, dass Kartoffeln immer in kaltem Wasser aufgesetzt werden sollten – sonst werden sie aussen schneller weich –, Rosenkohl dagegen nicht im Wasser gekocht werden sollte, da er dort seine Vitamine verliert. Oder dass in Kaffee gedünstete Gartenbohnen ausgezeichnet schmecken und die Nussaromen im Kartoffelstock betont werden, wenn die Butter durch Nussöl ersetzt wird.

Aufgeteilt ist das Buch in zwei Teile. In der ersten Hälfte vermitteln Fachwissen zum Geruchsinn, Geschmack von Gemüsen, molekularen Zusammenhänge – ergänzt durch Grundlagen zu Kochtechniken, Farbe in der Gemüseküche und einem historischen Überblick über den Gemüseanbau. Das ist teilweise recht wissenschaftlich und formellastig, jedoch verständlich geschrieben und schön illustriert.

Das eigentliche Herzstück des Buches ist das Kapitel «Gemüse A bis Z», worin 67 Sorten beschrieben werden. Was die AutorInnen an Erkenntnis zu Aroma (Geruchsinn), Geschmack, Harmonie, Nährstoffen, Sorten, Saison, Zubereitungsarten, Kombinationen und Botanik zusammengetragen haben, ist einzigartig. Insbesondere unter Zubereitung und Kombination finden sich unwahrscheinlich viele spannende Tipps. Sehr gut gefallen auch die (nicht immer vegetarischen) Rezepte, die unter den jeweiligen Lebensmitteln aufgeführt sind. Es gelingt den Autoren ihr Wissen über Foodpairing und Zubereitungsarten spannend umzusetzen, z.B. mit einer Frühlingstarte mit Bohnen, Erbsen und Kefen auf einem Couscous-Boden, auf Thymian gegarte Karotten mit einer grünen Karottensuppe oder ein Pastinaken-Kokosnuss-Dessert. Schade nur, dass die Gerichte nicht immer mit einem Foto illustriert sind.

«Aroma Gemüse» ist eines der überzeugendsten Kochbücher der letzten Jahre. Vilgis und Vierich vermitteln eine geballte Ladung an Fachwissen, selten hat ein Kochbuch die Zubereitung von Lebensmitteln so umfassend thematisiert. Mit Freude werde ich in Zukunft einen Blick in dieses Standardwerk werfen, bevor ich das Gemüse zu rüsten beginne.

Thomas Vilgis und Thomas Vierich. Aroma Gemüse. Der Weg zum perfekten Geschmack. Stiftung Warentest. 544 Seiten. 51.90 Franken.